2025
Wallis
Neues Leben für alten Beton
Betonelemente müssen bei Abbruchprojekten nicht unbedingt zu Bauschutt zerkleinert werden, sondern können in Form von Betonblöcken neu als Baumaterial dienen – bei reduziertem CO2-Ausstoss. Die Sika Planer- und Bauherrenberatung hatte die einmalige Gelegenheit, ein Forschungsprojekt des Structural Xploration Lab der EPFL zu begleiten und beriet zum Prototyp einer Re:crete Fussgängerbrücke.
PROJEKTBESCHRIEB
Was ist eine nachhaltige Infrastruktur und wie kann diese möglichst klimafreundlich verwirklicht werden? Zu diesen Fragen forscht das Structural Xploration Lab (SXL) der EPFL in Lausanne seit mehreren Jahren. Ziel ist es, die Baubranche beim Wandel hin zu einer umweltschonenden Kreislaufwirtschaft zu unterstützen. Die Forschungsarbeit ist darauf ausgerichtet, Architekten und Statikern Werkzeuge zur Förderung der Wiederverwertung von Rückbau-Materialien zu liefern.
Mit Re:crete, dem Prototyp einer Fussgängerbrücke, zeigt das Labor, dass die Wiederverwertung von Betonelementen, die aus Stahlbetongebäuden gesägt werden, technisch machbar, umwelteffizient und wirtschaftlich rentabel ist. Die Sika Planer- und Bauherrenberatung beriet zum Einsatz passender Lösungen und Produkte, um die langfristige Stabilität des “geschnittenen Betons”zu gewährleisten.
Heute werden veraltete Betonteile bestenfalls zerkleinert und zu neuem Beton recycelt, was eine neue, energieintensive Zementproduktion erfordert. Die Wiederverwendung von geschnittenen Betonelementen in neuen Tragwerken ermöglicht eine verlängerte Lebensdauer für älteren Beton, vermeidet dessen vorzeitigen Abbruch und verspricht ein grosses Potenzial zur Reduzierung von Treibhausgasen, Bauschutt und der Gewinnung von Rohstoffen.
Die Re:crete-Fussgängerbrücke dient als Proof-of-Concept. Sie besteht aus 25 Betonblöcken, die aus den Wänden eines im Umbau befindlichen Ortbetongebäude geschnitten wurden. Die Blöcke wurden dann auf einer Zentrierung und mit Mörtel dazwischen zu einem vorgespannten Bogen zusammengesetzt, um der grossen Variabilität in den Blockabmessungen entgegenzuwirken, die für die Wiederverwendung im Vergleich zur traditionellen Herstellung charakteristisch ist. Vor dem Entfernen der Zentrierung wurde die Schubkraft des 10 m langen Bogens mit zwei durch die Blockmittelpunkte verlaufenden Vorspannseilen weiter erhöht.
Zusammen mit dem Kanton Wallis fand sich ein Standort, an dem der Prototyp aufgestellt und der Allgemeinheit zugänglich gemacht werden konnte. Die Brückenstruktur wurde mit Geländern ausgestattet, die ebenfalls aus wiederverwendeten Materialien hergestellt wurden und vorübergehend am Fluss Morge im Wallis aufgestellt. Während der Bauarbeiten an der Brücke der angrenzenden Kantonsstrasse diente sie der Fussgängermobilität.
Neben dem Aspekt, dass Betonelemente ein neues Gestaltungsmaterial für Architekten und Ingenieure sind, ist die Wiederverwendung solcher Materialien eine wirksame Lösung, um die Nachfrage nach Zement zu reduzieren. Eine detaillierte Lebenszyklusanalyse zeigt, dass die Re:crete Fussgängerbrücke eine geringere Umweltbelastung aufweist als ähnliche Lösungen aus Stahlbeton (-63%) oder Stahl (-75%) und gleich viel wie eine Lösung aus neuem Holz (+9%).
ANFORDERUNGEN / HERAUSFORDERUNGEN
Nach der Entscheidung, die Re:crete-Brücke im Freien zu installieren, wandte sich das Labor der EPFL an Sika-Fachspezialisten zur Beratung. Die vorgeschlagenen Lösungen umfassten folgende Schritte: das Versiegeln der Fugen zwischen den gesägten Elementen, um die Vorspannung zu ermöglichen. Das Auftragen eines Schutzanstrichs auf die geschnittenen Bewehrungsstäbe an den Seitenflächen der Brücke, um die Korrosion zu begrenzen. Das Auftragen eines transparenten, hydrophoben Produkts, um das Aussehen des “geschnittenen Betons” zu erhalten und ihn vor Witterungseinflüssen zu schützen. Und schliesslich den Auftrag einer wasserdichten, rutschfesten Beschichtung an den Fugen. Mit diesen Massnahmen wurde der Prototyp in eine Brückenstruktur umgewandelt, die für den Einsatz im Freien und für Fussgänger geeignet ist.
Die Betonblöcke wurden mit einer Kreissäge mit Diamantblatt aus der Mauer herausgearbeitet und dann entkernt, um das Verlegen der Vorspannkabel zu ermöglichen. Die Blöcke wurden dann auf einem Holzbogen aufgestellt, wobei Spannhülsen und Spannkabel durch die Kernbohrungen geführt wurden. Vor dem Spannen der Kabel und Abbau des Holzbogens wurden die Fugen mit Mörtel gefüllt, um einen Kontakt zwischen den einzelnen Blöcken zu gewährleisten.
Damit die Brückenkonstruktion dauerhaft stabil und für die Nutzung im Freien geeignet ist, wurden die freiliegenden Bewehrungsstähle mit einem Korrosionsschutzanstrich überzogen, eine wasserabweisende Imprägnierung auf die Betonflächen aufgetragen und die Fugen mit Dichtungsbändern abgedeckt. Die charakteristische Textur des gesägten Betons, ein Patchwork aus Zuschlagstoffen und Bewehrungsabstandshaltern, ist auf den Seitenflächen des Bogens sichtbar erhalten geblieben.
SIKA LÖSUNGEN
Bei der Re:crete-Fussgängerbrücke wurde Sikadur®-31 CF zum Abdichten von Fugen und Rissen verwendet und sorgt so für eine wirksame Abdichtung und eine starke Verbindung. Der Korrosionsschutz von Metallbewehrungen erfolgte mit der Epoxidgrundierung Sika Poxicolor® Primer HE Neu.Zum Schutz des Betons vor Feuchtigkeit wurde Sikagard®-705 L, eine wasserabweisende Lösung auf Silanbasis, verwendet. Sikadur-Combiflex® SG-Bänder wurden installiert, um das Eindringen von Wasser zwischen den Fugen zu verhindern und die Haftung auf der Oberfläche zu verbessern. Die kombinierte Verwendung dieser Produkte gewährleistet nicht nur die Langlebigkeit von Betonstrukturen, sondern auch ihre Sicherheit und Leistungsfähigkeit auf lange Sicht.
SPEZIELLES ZU DIESEM OBJEKT
Dieses Projekt wurde in der Kategorie “Technische Herausforderung” der Trophées Bâtiments Circulaires 2022 sowie mit dem Publikumspreis – Infrastruktur und dem Grand Prix für nachhaltige Infrastruktur auf nationaler Ebene der Green Solutions Awards 2022-2023 ausgezeichnet.
Am Projekt Beteiligte:
Projektleitung:
Stuctural Exploration Lab (SXL) der EPFL, Lausanne
Technische Beratung:
Sika Schweiz AG